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Uhren mit springender Stundenanzeige (Jumping Hour) üben auf viele Uhrenliebhaber eine besondere Faszination aus. Anstatt die Stunde über einen Zeiger anzuzeigen, befindet sich auf dem Zifferblatt, meist bei 12 Uhr, ein Fenster, in dem die Stunde über eine Zahl dargestellt wird. Sozusagen eine Symbiose zwischen analoger und digitaler Uhrenwelt.Aber wie funktioniert eine springende Stunde? Um das herauszufinden, müssen wir wohl eine Uhr zerlegen. In diesem Fall diese Christopher Ward C9 Jumping Hour MKIII:
Erste Taschenuhren mit springender Stunde gab es in der Schweiz und in Frankreich bereits um 1840, eventuell auch schon früher. Erfolgreich wurden sie aber erst, nachdem der Salzburger Josef Pallweber 1883 ein Patent für eine Uhr mit springenden Scheiben erhielt. Sowohl die Firma Cortébert als auch IWC haben von Pallweber Lizenzen erworben und auf deren Basis Taschenuhren mit springenden Anzeigen (Stunde, Minute) hergestellt. IWC hat von den berühmten Pallweber-Uhren etwas 20.000 Stück verkauft, war also sehr erfolgreich damit.
Zurück zum Werk JJ01, das 2011 von Christopher Ward vorgestellt wurde. Entwickelt wurde es von Johannes Jahnke, einem deutschen Uhrmacher, auf der Basis des bewärten ETA 2824-2. In meiner Uhr steckt allerdings ein Sellita SW 200-1, ein bekannter Schweizer Klon des 2824-2.
Johannes Jahnke hat für Jörg Bader gearbeitet, den Schweizer Partner der britischen Firma Christopher Ward. Mittlerweile gehört Baders Firma Synergies Horlogères zu Christopher Ward.
Los geht es mit dem Zerlegen des Werkes:
Nach Entfernen des Bodendeckels sieht man, dass das Basiswerk im Vergleich zum Gesamtdurchmesser recht klein ist. Dazu gleich mehr. Mit einem Durchmesser von 43 mm und einer Höhe von 13,3 mm ist die Uhr insgesamt nicht gerade klein und zierlich.
Leider lässt sich das Werk nicht nach hinten entnehmen, sondern nur über die Glasseite. Hierzu gibt es zwei diagonal angeordnete Kerben am Glasrand.
Mit einem normalen Uhrenmesser ist das kaum aufzubekommen, zumindest nicht ohne die Gefahr, ordentliche Kratzer zu hinterlassen. Also muss ein Spezialwerkzeug her:
Geschafft:
Der einzige Zeiger ist schnell entfernt. Das Zifferblatt steckt in diesem Fall nicht im Basiswerk, sondern im Modulaufbau. Die Schrauben dazu sind etwas versteckt:
Das Basiswerk hat einen Durchmesser von 11 1/2”’ (25,6 mm). Mit dem auf der Zifferblattseite aufgesetzten Modul für die springende Stunde sind es dann ca. 15”’ (33,8 mm).
Die Zifferblattseite des Werkes wird von einer großen Scheibe für die Stundenanzeige dominiert, die Rückseite sieht bis auf den größeren Durchmesser aus wie ein normales ETA 2824-2.
Werfen wir also einen Blick unter die Stundenscheibe:
Hier sieht man nun den Mechanismus für die springende Stunde. Auf den zwölfzackigen Stern in der Minute wird die Stundenscheibe aufgeschraubt.
Eine springende Stunde ist gar nicht so einfach zu bauen, da der Mechanismus relativ viel Energie benötig. Er muss also so konstruiert werden, dass die nötige Energie möglichst kontinuierlich über die ganze Stunde gesammelt wird, und nicht erst die letzten Minuten, um diese dann im Moment des Umschaltens auf die nächste Stunde schlagartig freizusetzen. Andernfalls geht das Werk ggf. ungenau oder bleibt im schlimmsten Fall während des Schaltvorgangs sogar stehen. Eine kontinuierliche Energieentnahme erleichtert auch das Regulieren des Werkes, da in diesem Fall die dem Basiswerk zum Antrieb zur Verfügung stehende Kraft konstant ist.
Gut, schauen wir uns also an, wie das beim JJ01 realisiert wird:
Der Hebel mit der “Nase” (2) wird im Verlauf einer Stunde so gespannt, dass er mit einem Schlag den Stundenstern (1) um einen Zahn weiterschiebt. Die Feder 3 dient dann dazu, den Stundenstern wieder exakt so zu fixieren, dass die Stundenzahl genau in der Mitte des Anzeigefensters steht. Ein Exzenterbolzen (4) dient dazu, diese Feder optimal zu justieren, damit sie ihren Zweck erfüllen kann.
Um zu verstehen, wie die Energie zum Spannen des Hebels kontinuierlich aufgebaut wird, müssen wir einen Blick auf die Rückseite des Moduls und auf das Werk darunter werfen. Das Modul hat auf der Unterseite zwei Zifferblattfüße, mit denen es wie ein Zifferblatt auf dem Basiswerk befestigt wird.
Links das Basiswerk des JJ01, rechts ein normales ETA 2824-2. Natürlich fehlen beim JJ01 alle Teile, die zur Datumschaltung gehören, da die Uhr ja kein Datum hat. Interessant ist aber die links rot markierte Kurbenscheibe, die das Minutenrohr des normalen Werkes ersetzt und natürlich auch den Mintenzeiger trägt.
Aber sie hat auch eine weitere Funktion. Die Kurvenscheibe greift auf der Rückseite des Moduls in einen kleinen Abtaster, der im nächsten Bild rot markiert ist:
Der Abtaster überträgt die Bewegung der Kurvenscheibe kontinierlich auf den oben beschriebenen Hebel mit “Nase” und spannt diesen. Nach einer Stunde ist der Abtaster am Ende der Kurvenscheibe angekommen und fällt dort schlagartig nach unten.
Damit fällt auf der Vorderseite des Moduls auch der Hebel schlagartig und schiebt den Stundenstern um einen Zacken weiter.
Hier sieht man den ganzen Vorgang im Video:
Also eigentlich ganz einfach. Die ganzen anderen Teile, die auf der Vorderseite des Moduls noch zu sehen sind, dienen dazu, den Hebel optimal zu spannen und zu bewegen. Das zu entwickeln war für Johannes Jahnke bestimmt nicht so einfach, wie es das Ergebnis zunächst suggeriert!