Sorry, this post is only available in German!
Ich stelle euch heute ein besonderes Automatik-Chronographenwerk der weitgehend unbekannten Firma Kelek vor, das TDB 1369. Zu mir gekommen ist es in diesem Dugena-Chronographen aus der Zeit um 1975:Besonders auffällig ist die Anordnung der Chrono-Totalisatoren bei 2:30 Uhr (Minutenzähler) und bei 11 Uhr (Stundenzähler).
Bevor wir uns mit dem Werk beschäftigen, werfen wir einen Blick in die Geschichte von Kelek. 1896 im schweizerischen La-Chaux-de-Fonds von Ernest Gorgerat gegründet, stellte die Firma zunächst Chronographen für militärische Zwecke her. Genau genommen hat Gorgerat nicht Kelek gegründet, sondern die Vorgängerfirma. Die Marke Kelek wurde erst 1960 von seinem Nachfahren Jean-Raoul Gorgerat registriert und im selben Jahr auch die Firma Kelek S.A. gegründet.
Bereits in den 1960ern kam es zu einer engen Zusammenarbeit mit Breitling. In der Quarzkrise der 1970er stellte sich Kelek klar gegen den Trend und hielt daran fest, mechanische Uhren herzustellen, insbesondere solche mit hochwertigen Komplikationen, u. a. Chronographen. Und dies mit Erfolg! In den 1990er war Kelek einer der führenden Hersteller automatischer Chronographen. Von etwa 67.000 produzierten Uhren pro Jahr waren 98 % Automatik-Chronographen. Einer der wichtigsten Lieferanten und Partner war die Firma Dubois-Dépraz, bekannt als Hersteller komplizierter Werk-Module als Aufsatz für bestehende Uhrwerke. 1997 ging Kelek dann schließlich in Breitling auf.
Kelek ist übrigens ein Palindrom, ergibt also vorwärts wie rückwärts gelesen dasselbe Wort.
Schauen wir uns nun das Kelek TDB 1369 in der oben gezeigten Dugena-Uhr an. Es wurde ab 1974 in Kooperation von vier Herstellern produziert. Das Basis-Automatikwerk hat Tenor-Dorly zusammen mit Brac entwickelt, das Chrono-Modul stammt von Dubois-Dépras und Kelek war für die Produktion zuständig. Daher die Abkürzung K TDB auf dem Rotor:
Auf dem Werk ist außerdem die Punzierung JRGK zu sehen. Sie steht für Jean-Raoul Gorgerat, Kelek SA, den Inhaber der Firma.
Ausgeschalt sieht das Werk so aus:
Als TDB 1376 gab es das Werk auch mit digitaler Zeitanzeige. Von beiden Werken zusammen wurden nur 23.000 Stück produziert. Sie waren wohl nicht die Zuverlässigsten.
Bei seiner Vorstellung 1974 war das TDB 1369 das im Durchmesser kleinste Automatik-Chronographenwerk. Also kleiner als das Heuer 11 und das El Primero von Zenith, die beide allerdings bereits 1969 vorgestellt wurden.
Die technischen Daten des Kelek TDB 1369:
- Durchmesser: 11 1/2”’
- Höhe: 6,9 mm
- Funktionen:
Automatik-Chronograph mit Schaltrad: 60s, 30min, 6h (Automatik beidseitig aufziehend)
Stunde, Minute, kleine Sekunde
Datum (Schnellverstellung durch Wechsel 19:30-24:00 Uhr) - Hemmung: Schweizer Ankerhemmung
- Steine: 17
- Unruh: Nickel
- Halbschwingungen pro Stunde (A/h): 21.600
Es gibt Quellen, in denen 19.800 A/h angegeben sind, dies ist aber falsch! - Stoßsicherung: Incabloc
- Gangreserve ca. 48 Stunden
Schauen wir uns das Werk etwas näher an. Das Basiswerk ist das Tenor Dorly TD 1335, ein Automatikwerk ohne Chronographenfunktion. Der Chronograph wurde als Modul auf die Brückenseite aufgesetzt, was die Höhe des Werkes natürlich deutlich vergrößert. In der Seitenansicht sieht man das sehr gut:
Zwischen den grünen Linien befindet sich das Basiswerk, zwischen den roten das Chronographen-Modul. Da das Chrono-Modul aufgesetzt ist, befinden sich die Chrono-Drücker auch nicht auf derselben Ebene wie die Aufzugswelle, was man auch am Gehäuse deutlich sieht:
An den im nächsten Bild rot markierten Stellen befinden sich gebläute Schrauben. Löst man diese, kann das Chrono-Modul am Stück entnommen werden.
ABER: vorher sollte unbedingt die im Bild grün markierte Feder entnommen werden! Entfernt man das Chrono-Modul, so kann sich das von der Feder festgehaltene Teil etwas bewegen, sodass diese sich löst. Sie fliegt dann zwar nicht frei durch den Raum, fällt aber vielleicht unbemerkt heraus. Dass diese Feder fehlt, merkt man nach dem Zusammenbauen daran, dass der Stundenzähler auch dann läuft, wenn der Chronograph gestoppt ist!
Etwas schwer zu erkennen, aber auch das Chrono-Modul hat zwei Ebenen!
Wenn man das Chrono-Modul zerlegen will, etwa um es zu revidieren, dann sollte man dies im eingebauten Zustand tun. Ausgebaut lässt es sich nur schlecht stabil lagern, um es zerlegen zu können.
Ich gestehe, dass ich solche Chrono-Module nicht wirklich mag, da sie häufig zahlreiche kleine, flugfähige Federchen enthalten, die nur darauf warten, sich beim Zerlegen ins Nirvana der Werkstatt zu verabschieden. Und selbst wann man sie wiederfindet, ist es häufig nicht leicht herauszufinden, wo sie im Werk hingehört. Hinzu kommt, dass es von den Herstellern der Chrono-Module fast nie leicht zugängliche technische Unterlagen gibt, die dabei hilfreich wären!
So sieht es unter der oberen Chrono-Brücke aus:
Die rote Linie zum Schaltrad ist gestrichelt, da dieses hier nicht direkt sichtbar ist. Es befindet sich eine Ebene tiefer im Chrono-Modul:
Auf dem Bild fehlt ein Teil. Daher der Vollständigkeit halber das folgende Bild, in dem dieses Teil rot markiert ist.
Drei kleine Besonderheiten gibt es beim Chrono-Mechanismus noch zu erwähnen:
- Das zentrale Sekundenrad treibt über eine horizontale Kupplung (ein Trieb) das Chrono-Zentrumsrad, also die Chrono-Sekunde, an.
- Das Chrono-Stundenzählrad wird über ein zweiseitiges Trieb direkt vom Federhaus angetrieben, also nicht vom Chrono-Mechanismus. Daher benötigt das Chrono-Stundenzählrad eine Bremse und die zugehörige, weiter oben grün markierte Feder!
- Beim Nullstellen drücken die Herzhebel nur kurz gegen die Herzen und sorgen so dafür, dass die zugehörigen Zeiger wieder auf Null stehen. Unmittelbar danach drückt eine Feder die Herzhebel wieder zurück, sodass beim nächsten Startvorgang keine Kraft aufgewendet werden muss, um die Herzhebel zur Seite zu drücken.
Dieser Vorteil birgt leider auch den Nachteil, dass man zum Setzen der Chrono-Zeiger den Nullsteller gedrückt halten muss, da sich die Räder sonst hin- und herbewegen. Der Hersteller nutzt dazu einen werkspezifischen Halter mit Drückern. Ohne diesen geht es am besten, wenn man das Glas aus dem Gehäuse entnimmt, das Werk einbaut, die Zeiger setzt und dann das Glas wieder aufsetzt. So kann man die Drücker am Gehäuse nutzen.
Werfen wir nun noch ein paar Blicke auf das Basiswerk von Tenor Dorly unter dem Chrono-Modul:
Zuerst fallen die roten Kunststoffringe um die Bohrungen der Räderwerkbrücke auf. Diese ist nicht mehr extra verschraubt, da sie von den Schrauben des Chrono-Moduls mitgehalten wird. Die roten Kunststoffringe fixieren die Räderwerkbrücke zumindest ein wenig durch Friktion, wenn das Chrono-Modul nicht aufgesetzt ist.
Das doppelte Trieb auf der rechten Seite des Bildes stellt an der grün markierten Stelle die Verbindung zwischen dem Federhaus und dem Stundenzählrad des Chrono-Moduls her, das, wie oben erwähnt, nicht vom Chrono-Mechanismus angetrieben wird.
Links im Bild oben ist das Automatik-Modul zu sehen, dessen zwei Wechselräder dafür sorgen, dass das Werk in beide Rotor-Drehrichtungen aufzieht.
Das Automatik-Modul ist in die Ebene des Basiswerkes integriert, vergrößert also die Werkhöhe nicht. Beim bekannten ETA 2824-2 ist es dagegen auf das Basiswerk montiert.
Das Basiswerk bietet als einzige Besonderheit eine indirekte kleine Sekunde, deren Sekundentrieb (KS) vom Kleinbodenrad (KB) angetrieben wird. Das zentrale Sekundenrad (ZS) wird ja benötigt, um das Chrono-Modul anzutreiben. Das Sekundentrieb hat keine Friktionsfeder und sein Höhenspiel wird nur vom aufgesteckten Automatik-Modul begrenzt.
Auf der Zifferblattseite sollten zuerst die zwei grün markierten Federn entnommen werden, bevor die Halteplatte der Datumschaltung entfernt wird. Sonst droht akute Fluggefahr!
So sieht es dann unter der Halteplatte aus:
Die für das Zeigerstellen nötige Zeigerreibung sitzt hier nicht auf dem Minutenrohr im Zentrum des Werkes, sondern dezentral auf einem zifferblattseitig auf das Großbodenrad gesteckten Trieb. Dieses Trieb liegt zwischen Zeigerstellrad und Wechselrad.
Die Datumschaltung ist leider äußerst sensibel. Schon kleine Mengen Öl, etwa an der Datumraste oder dem hakenförmigen Datummitnehmer sorgen dafür, dass das Datum nicht ordentlich schaltet.
Aber auch Werke, deren Konstruktion sich nicht durchgesetzt hat, sind wichtige Zeugen ihrer Zeit!