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Serienreife Automatik-Armbanduhren gibt es seit den 1920er-Jahren. Zunächst auf der Basis eines hin- und herschwingenden Hammers. Kurze Zeit später, 1931, entwickelt Rolex den umlaufenden Zentralrotor. Die Automatikuhr hatte sich bald durchgesetzt, barg aber einen Nachteil: der Zentralrotor benötigte zusätzliche Bauhöhe.
Jahrzehnte lang bemühten sich die Hersteller, Uhren immer flacher und eleganter zu machen. Heute kaum noch vorstellbar, sind doch seit Jahren Uhren mit Durchmessern von 45 mm und einer Höhe über 15 mm nicht gerade selten.
Und hier kommt der Mikrorotor, auch Planetenrotor genannt, ins Spiel. 1957 stellten die Firmen Buren und Universal Geneve beinahe zeitgleich ihre Kaliber 1000A bzw. 215 vor. Beiden gemeinsam war ein verkleinerter, außermittig gelagerter Rotor, der in die normale Werkhöhe integriert war. Der Mikrorotor war geboren.
Hier zeige ich euch einen Nachfolger des Buren 1000A, das Buren 1320, in diesem Fall von Dugena als Dugena 1320 bezeichnet:
Dieses Werk wurde ab 1965 gebaut. Es hat einen Durchmesser von 12 1/2 Linien (28,1 mm), eine Zentralsekunde, 30 Steine und eine etwa ungewöhnliche Schlagzahl von 19.800 A/h (Halbschwingungen der Unruh pro Stunde).
Auf jeder Werkseite fällt sofort ein besonders großer Stein (roter Rubin) auf. Diese großen Steine begrenzen von oben und unten einen gleitenden (verschiebbaren) Umstelltrieb, der dafür sorgt, dass die Automatik in beide Drehrichtungen des kleinen Rotors die Feder aufzieht.
Wie funktioniert das?
Die Drehung des Rotors wird über mehrere Zwischenräder so auf das Sperrrad übertragen, dass dieses immer dieselbe Drehrichtung aufweist, egal, ob sich der Rotor nach links oder rechts dreht. Das Sperrrad zieht dann die Feder auf.
Das funktioniert, weil das Umstelltrieb abhängig von der Drehrichtung des Rotors verschoben wird. So dreht es einmal das Spannrad, in die andere Richtung aber direkt das Reduktionsrad.
Diese tollen Werke haben sich übrigens häufig in eher unscheinbaren Uhren versteckt, die noch nicht einmal einen Glasboden haben. Das gerade gezeigte Werk stammt z. B. aus dieser Dugena Super aus der Zeit um 1965:
Das vergoldete Gehäuse hat einen Durchmesser von gerade einmal 34,4 mm.
Schauen wir uns noch ein sehr ähnliches Werk an, das Bulova 12 ECACD. Das sieht doch auch aus, wie das eben gezeigte Buren? Stimmt, es ist ja auch ein Buren 1322!
Im Prinzip ein Buren 1320, das um ein Datum erweitert wurde. Die zugehörige Uhr, eine Bulova Ambassador, stammt von 1967. Sie hat einen Durchmesser von 34,9 mm und eine Höhe inkl. Glas von 7,4 mm.
Die meisten Mikrorotoren sind durchaus hochwertige Werke. Nicht ganz so hübsch und hochwertig sind die der Schweizer Firma Ronda. Hier ein Ronda 2538 aus den 1980ern:
Dieses Werk ist mit einem Durchmesser von 11 1/2 Linien (25,6 mm) etwas kleiner als die Buren-Werke. Es hat eine Zentralsekunde, Datum, 22 Steine sowie die Schlagzahl von 21.600 A/h.
Ronda-Mikrorotoren stellten einen der zahlreichen Versuche dar, mechanische Werke durch die Quarzkrise zu retten. Vergebens. Immerhin existiert Ronda auch heute noch und ist einer der großen Hersteller von Quarzwerken. Erst 2016 hat Ronda verkündet, dass die Firma wieder ein mechanisches Werk bauen wird:
Ronda baut wieder mechanische Uhrwerke – das R150 (Serie mecano)
Mikrorotoren sind keineswegs eine vergangene Epoche der Uhrenhistorie. Sie erleben seit Jahren eine Renaissance, wie ein Blick auf aktuelle Werke einiger Hersteller des gehobenen Segments zeigt:
Chopard L.U.C 95.09-L:
Patek Philippe 240: Universal Geneve UG101: Auch der chinesische Werkehersteller Sea-Gull hat 2011 angekündigt, Mikrorotor-Werke zu bauen. Diese sind meines Wissens nie in Produktion gegangen. Von Problemen mit der Gangreserve wurde gemunkelt, möglicherweise waren es aber auch Anwälte der Luxusuhrenhersteller, die Sea-Gull davon überzeugt haben, besser keine Werke zu bauen, die man in gefälschten Uhren nutzen könnte. Schade um die Mikrorotoren, da Sea-Gull durchaus tolle Werke und auch eigenständige Uhren bauen kann.Ich persönlich mag die Mikrorotoren nicht nur wegen der Technik. Sie sind auch schön anzusehen. Bei den meisten Automatikwerken verdecken der Rotor und die Automatikbrücke große Teile des Werkes. Beim Mikrorotor-Werk hat man dagegen freie Sicht. Am liebsten durch einen Glasboden!
Wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten. Die Mikros haben im Vergleich zu den ausgewachsenen Zentralrotoren das Problem, dass der Aufzug bei wenig Bewegung zu wenig Gangreserve aufbaut. Dem versuchen die Hersteller dadurch entgegenzuwirken, dass Sie den Rotor aus besonders schweren Metallen herstellen, etwa aus Gold.
Gibt es noch eine Steigerung eines Mikrorotors? Natürlich, der zweifache Mikrorotor im RD104 von Roger Dubuis:
Ein Traum von Werk, das neben den zwei Mikrorotoren auch noch eine Minutenrepetition und ein fliegendes Tourbillon zu bieten hat. Lechz…