Um ein Uhrwerk aus dem Gehäuse zu entnehmen, muss nach dem Öffnen des Gehäuses häufig die Krone mit der Aufzugswelle entfernt werden. In den meisten Fällen geht das ganz einfach, es gibt aber auch ein paar komplizierter Varianten.
Wir schauen uns hier einige davon an, allerdings ohne Gewähr auf Vollständigkeit.
Inhalt
- Schraube oder Drücker nahe der Aufzugswelle
- Quarzwerke
- Kein Drücker zu sehen?
- Der Gehäuseboden lässt sich gar nicht öffnen?
- Der negative Aufzug
Schraube oder Drücker nahe der Aufzugswelle
Fangen wir mit dem einfachsten Fall an. Hier befindet sich in der Nähe der Aufzugswelle, auf die die Krone aufgeschraubt ist, eine Schraube oder ein Drücker (siehe Bild oben). Sie halten auf der Zifferblattseite den sogenannten Winkelhebel und werden daher Winkelhebelschraube bzw. Winkelhebeldrücker genannt. Der Winkelhebel ist im folgenden Bild mit1 gekennzeichnet. An derSpitze des grünen Pfeilshält er die Aufzugswelle. Mit2 ist die Winkelhebelfeder markiert. Sie hält den Winkelhebel sicher in seinen zwei Positionen (Krone gezogen bzw. gedrückt).
Löst man die Schraube bzw. drückt mit einem geeigneten Gegenstand auf den Drücker, lässt sich die Aufzugswelle inklusive der Krone herausziehen.
Die richtige Schraube ist meist die kleinste in der Nähe der Aufzugswelle. Sie kann sich links oder rechts der Aufzugswelle befinden. Größere Schrauben in der Nähe halten dagegen meist eine Brücke des Werkes.
Achtung:
Die Schraube nur so weit lösen, dass sich die Welle gerade eben ziehen lässt. Ein bis zwei Umdrehungen der Schraube reichen meist aus. Oft hilft es auch, beim Ziehen die Schraube mit dem Schraubendreher leicht nach unten zu drücken. Dreht man zu weit, schraubt man den auf der Zifferblattseite liegenden Winkelhebel komplett ab. Das lässt sich dann nur beheben, wenn man die Zeiger und das Zifferblatt abnimmt.
Bei vielen Werken ist es außerdem vorteilhaft, die Aufzugswelle vor dem Lösen zu ziehen, also in die Position „Zeiger stellen“ zu bringen. Andernfalls kann es passieren, dass sich Teile des Aufzugmechanismus so verschieben, dass sich diese beim Wiedereinlegen der Aufzugswelle nicht wieder in die richtige Lage bringen lassen. Der Profi spricht dann von einem versprungenen Aufzug.
Auch in diesem Fall müssen die Teile auf der Zifferblattseite von Hand wieder korrekt ausgerichtet werden.
Befindet sich eine kleine Schraube exakt auf der Linie der Aufzugswelle, also weder links noch rechts davon, haben wir meist eine alte Taschenuhr vor uns, bei der zum Stellen der Zeiger nicht die Krone gezogen wird, sondern ein Drücker am Gehäuse gedrückt werden muss. Statt eines Drückers kann auch ein kleiner Hebel zum Einsatz kommen.
In diesem Fall besitzt das Werk keinen Winkelhebel, da dieser nur dann benötigt wird, wenn die Krone mehrere Positionen hat. Bei diesen Werken muss die Schraube, die die Aufzugswelle hält, meist etwas weiter herausgedreht werden. Manchmal muss sie auch ganz entfernt werden, um die Aufzugswelle zu entnehmen.
Quarzwerke
Bei Quarzwerken kommen meist Drücker statt Schrauben zum Einsatz. Deren Position befindet sich häufig nicht in unmittelbarer Nähe der Aufzugswelle. Oft findet man sie, wenn man auf dem Werk nach einem Pfeil sucht, der auf eine Öffnung zeigt, manchmal ergänzt durch das Wort Push. Hier am Beispiel eines Seiko/TMI VK63A an derrot markiertenStelle:
In einigen Fällen muss hier zuerst die Krone gezogen werden, damit der Drücker an der richtigen Stelle erscheint. Z. B. bei einem Miyota 8620A an der hierrot markiertenStelle:
Kein Drücker zu sehen?
Bei einigen Werken, z. B. von Seiko, ist auf den ersten Blick kein Drücker zu sehen. Er ist zwar da, aber nicht sichtbar. Erst wenn man die Krone in die Position „Zeigerstellen“ zieht, taucht er am Gehäuserand neben der Aufzugswelle auf. Das folgende Bild zeigt dies am Beispiel eines Seiko 7009A.
Der Gehäuseboden lässt sich gar nicht öffnen?
Noch schwieriger wird es, wenn sich der Gehäuseboden gar nicht öffnen lässt. Ich spreche hier nicht von festsitzenden Böden, sondern von sogenannten Monocoque- oder Einschalen-Gehäusen, bei denen Mittelteil und Boden aus einem einzigen Teil bestehen. Hier sind zwei Varianten verbreitet, die Aufzugswelle zu entfernen.
Eine Variante ist die sogenannte Reißkrone. Sie besteht aus zwei Teilen und der Teil mit der Krone muss mit ziemlich kräftigem Zug an der Krone vom Gegenstück getrennt werden.
Diese Junghans Olympic hat ein Monocoque-Gehäuse und das Werk, ein Junghans 620.02 hat eine Reißkrone:
Bei der zweiten Variante muss zuerst das Glas entfernt werden. Dann befindet sich auf der Zifferblattseite in der Nähe der Aufzugswelle ein Hebel, mit dem diese gelöst werden kann. Hier am Beispiel eines Mido 1147:
Der negative Aufzug
Der negative Aufzug kommt überwiegend bei amerikanischen Taschenuhren zum Einsatz. Hier ist die Aufzugswelle zweigeteilt. Ein Vierkant mit der Krone ist Teil des Gehäuses, das passende Innenvierkant ist Teil des Werkes.
Der negative Aufzug ist meist daran erkennbar, dass sich in der Nähe der Aufzugswelle keine kleine Schraube befindet!
Es gibt hier keine feste Verbindung zwischen Krone und Werk. Diese Werke haben also auch keinen Winkelhebel und lassen sich einfach durch Herausziehen des Werkes aus dem Gehäuse entfernen. Wer sich für die technischen Unterschiede des negativen Aufzugs zum weiter oben beschriebenen positiven Aufzug interessiert, wird hier fündig: Werke amerikanischer Taschenuhren