Große Uhrwerke fallen sofort ins Auge, kleine Werke, insbesondere aus Damenuhren, werden dagegen oft ignoriert bzw. übersehen. Dabei verbergen sich hier häufig Schönheiten und feinmechanische Meisterwerke. Heute stelle ich euch ein paar dieser Winzlinge aus meiner Sammlung vor.
Frédéric Piguet 99
Dieses Werk wurde 1925 eingeführt, sein Durchmesser beträgt 20,4 mm. Damit ist es nicht besonders klein, aber mit einer Höhe von nur 1,73 mm ist es eines der flachsten Uhrwerke der Welt. Es trägt nur einen Minuten- und einen Stundenzeiger, eine Sekunde ist also nicht vorhanden.
Das Werk ist vergoldet, auf der Brückenseite mit Genfer Streifen versehen und auf der Zifferblattseite schön perliert. Da die Uhren früher keinen Sichtboden hatten, bekam diese Schönheit damals nur der Uhrmacher zu sehen, der die Uhr alle paar Jahre überholt hat.
Die Unruh schwingt mit 18.000 A/h (Halbschwingungen pro Stunde). Das Werk gibt es als Frédéric Piguet 99 auch mit 21.600 A/h.
Dieses Werk wurde mindestens 60 Jahre lang gebaut und von vielen renommierten Uhrenherstellern genutzt, etwa Blancpain, Chopard, Chartier und Bucherer. Die Firma Frédéric Piguet ist mittlerweile Teil der Swatch Group und wurde in die ebenfalls zur Gruppe gehörende Firma Blancpain integriert.
Rayville/Blancpain R.59
Jetzt wird es richtig klein. Das Rayville/Blancpain R.59 ist 18,6 mm lang, aber nur 7,0 mm hoch. Auch bei diesem Werk gibt es keinen Sekundenzeiger. Aber wer würde schon auf einer so winzigen Uhr die Sekunden ablesen wollen?
Die Schönheit dieses Werkes offenbart sich nur unter der Lupe oder dem Zoom einer Kamera.
Zwei Besonderheiten fallen hier auf. Zum einen fehlt die übliche Aufzugswelle mit Krone zum Aufziehen. Dieses Werk ist ein sogenannter Backwinder, der Aufzug befand sich also auf der Rückseite der Uhr am Boden. An der mit 1 markierten Stelle greift die am Boden angebrachte Krone über einen Vierkant in das Werk. Zum anderen hat das Werk ein verdecktes Gesperr, das mit 2 markierte Sperrrad liegt unterhalb der Federhausbrücke, nicht wie üblich unterhalb.
Rayville SA war übrigens ab 1932 für ca. 40 Jahre der Firmenname von Blancpain.
Movado 4
Das Movado 4 ist mit einem Durchmesser von 13,5 mm kleiner als ein Ein Cent-Stück. Gebaut wurde es etwa von 1960 bis 1970. Auch dieses Werk ist ein Backwinder. Das sieht man auf dem Bild sehr schön, da hier die Aufzugskrone, die sich normalerweise außerhalb des Gehäuses befindet, noch vorhanden ist.
Certina 13-22
Ein weiterer Winzling in der Kategorie „kleiner Ein Cent“. Das Werk selbst ist nicht besonders außergewöhnlich, es zeigt aber die in kleinen Damenuhren sehr häufig benutzte, abgerundete Form.
Außerdem mag ich persönlich Certina-Werk sehr gerne. Der Zusammenbau von Certina-Werken ist jedes Mal ein Freude, da alle Teile so konstruiert sind, dass sie fast von alleine in die richtige Position rutschen.
Bulova 7EDAD
Das Bulova 7EDAD ist mit einem Durchmesser von 17,2 mm etwas größer als ein Cent-Stück, bietet aber einen automatischen Aufzug und ein Datum. Alle weiter oben gezeigten Werke mussten dagegen von Hand aufgezogen werden.
Bei diesem Werk befindet sich das Gesperr zur Abwechslung weder auf noch unter der Federhausbrücke, sondern auf der Zifferblattseite.
Girard-Perregaux 73
An diesem Werk fallen sofort die „eckigen“, technisch und modern wirkenden Brückenformen auf. Die Werke von Girard-Perregaux basierten meist auf Werken anderer Hersteller. Dieses hier scheint entweder eine Eigenentwicklung von GP oder eine exklusive Entwicklung für GP zu sein.
Wie bei Damenuhren oft üblich, hat auch dieses Werk keine Sekundenanzeige.
Das Werk hat noch eine Besonderheit aufzuweisen: ein Unruhschutz (rot markiert), der zu Reparaturzwecken geschwenkt werden kann. Da das Werk normalerweise fest im Gehäuse verbaut ist, dürfte dieser Schutz aber eher ein Gimmick sein.
Das war nur eine kleine Auswahl an kleinen Uhrwerken. Es gibt noch Hunderte zu entdecken!