Fangen wir mit dem Hersteller an. Auf dem Werk steht CYMREX WATCH Co GENEVE und auch auf dem Zifferblatt ist die Marke CYMREX zu finden. Das kann bedeuten, dass Uhr und Werk aus einer Hand stammen, muss es aber nicht. Wer war also die Cymrex Watch Co?
Wie so häufig, finden sich im Schweizerischen Handelsamtsblatt ein Hinweis zur Registrierung von Firmen und Marken:
Cymrex wurde also 1919 von der Beaulieu Watch Co. als Marke für Uhren registriert. Neben Cymrex hat die Beaulieu Watch auch die Marken Simrex, Cymric und Simplex registriert.
Die Beaulieu Watch Co. wurde etwa ein Jahr zuvor, am 17.10.1918, als Firma in Le Petit-Saconnex gegründet. Le Petit-Saconnex war eine Gemeinde bei Genf, die 1930 in die Stadt Genf eingemeindet wurde.
Ein Jahr nach der Registrierung der Marke Cymrex wurde 1920 schließlich die Cymrex Watch Co gegründet. Die Beaulieu Watch Co bestand anscheinend weiterhin.
Lange existierte die Firma allerdings nicht. Bereits am 03.05.1926 wurde die Firma von Amts wegen aufgelöst, da sie ihren Betrieb eingestellt hatte. Die Marke Cymrex wurde 1938 von der Record Watch erneut registriert, dies hat aber nichts mehr mit den hier vorgestellten Uhren bzw. Werken zu tun.
Über den Geschäftsbetrieb der Cymrex Watch konnte ich kaum etwas in Erfahrung bringen. Immerhin gibt es ein paar Anzeigen von Cymrex in unterschiedlichen Journalen. Die eine Anzeige erschien im britischen Journal The Graphic vom 16.04.1921. Dort wurde die Uhr als ganggenau und billig beworben. Auch der Preis wurde angegeben: 17s 6d, also 17 Shilling und 6 Pence.
Ebenfalls von 1921 stammt diese Anzeige des britischen Juweliers Burlingham:
Hier wird mit einer Genauigkeit von 99,98 % geworben. Das klingt natürlich großartig, beschreibt aber immer noch eine Abweichung von 17 Sekunden am Tag.
Diese Anzeige erschien am 12.06.1924 im The Bulletin in Sydney, Australien:
Cymrex war also wohl recht aktiv im Exportgeschäft.
Widmen wir uns nun dem Werk und den zugehörigen Patenten.
Beim Entfernen des Werkes aus dem Gehäuse fallen sofort einige Besonderheiten auf:
- Der Bügelhalter (Pendant) mit dem Bügel zur Aufnahme der Uhrenkette ist nicht Teil des Gehäuses, sondern in das Werk integriert.
- Das Gehäuse besteht aus nur zwei Teilen, einem Bodenteil und dem Trägerring für das Glas.
- Entsprechend gibt es auch keine Werkhalteschrauben, die das Werk von hinten halten könnten. Stattdessen befinden sich im Boden drei Aussparungen, in die entsprechende Ausstülpungen am Werk eingeklemmt werden. Dazu gleich mehr.
- Das Zifferblatt ist nicht festgeschraubt, sondern wird von Klammern am Werk gehalten.
Das oben gezeigte Werk hat eine Dreiviertelplatine. Dieselbe Werkkonstruktion gibt es auch mit einer abgetrennten Federhausbrücke, die das Wechseln der Aufzugfeder deutlich erleichtert. Um die zwei zu unterscheiden, nenne ich die erste Variante Typ 1 und die zweite Typ 2.
Bis auf diese Abweichung sind die technischen Daten der zwei Cymrex-Werktypen identisch:
- Abmessungen: 18 1/4´´´ (Französische Linien) (41,2 mm), Höhe 5,5 mm
- Schweizer Ankerhemmung
- Stunde, Minute, kleine Sekunde
- 7 Steine
- Monometallische Schraubenunruh
- Schlagzahl: 18.000 A/h (Halbschwingungen pro Stunde)
- Keine Stoßsicherung
- Wippenaufzug auf der Brückenseite der Platine
Hier nun ein paar Einblicke in das Innere des Werkes:
Auf der Unterseite des Federhauses ist das Sperrrad aufgesetzt:
Die zugehörige Sperrklinke befindet sich auf der Basisplatine (SK):
Die grüne Linie zeigt den Kraftfluss des Räderwerkes vom Federhaus bis zum Ankerrad. Die blaue Linie zeigt den Kraftfluss beim Stellen der Zeiger bei gezogener Krone. Das Werk hat übrigens kein klassisches Minutenrohr, stattdessen findet die Zeigerreibung direkt auf dem Trieb des Minutenrades statt.
Auf dem zuerst gezeigten Werk vom Typ 1 finden sich auf der Dreiviertelplatine zwei Patentnummern, 81928 und 81930. Das Schweizer Patent CH81928 von 1919 trägt den schlichten Titel Montre (Uhr):
Es beschreibt lediglich die Idee, den Bügelhalter (Pendant) nicht am Gehäuse zu verankern, sondern im Werk.
Das Patent CH81930 von 1919 trägt ebenfalls den Titel Montre (Uhr) und beschreibt eine Befestigung des Werkes im Gehäuseboden, die der oben gezeigten ähnelt, bei der die Ausstülpungen am Werk aber nach innen gerichtet sind:
Doch damit nicht genug, die Cymrex Watch erhielt insgesamt 13 Patente in der Schweiz, in Frankreich, in Großbritannien und in Deutschland! So beschreibt CH81932 die oben gezeigte Befestigung des Zifferblattes mit Klammern. Und CH81934 den Aufzugmechanismus der Cymrex-Werke:
1923 wurden von einem Georges Henry einige Patente von 1921 an die Beaulieu Watch Co übertragen: CH95252, CH98593, CH98831, CH98832. Dieser Georges Henry wurde bereits 1919 zum Direktor der Beaulieu Watch ernannt. Die von ihm eingereichten Patente entstanden also bereits während seiner Zeit bei der Beaulieu Watch.
CH98593 von 1921 handelt von einem transparenten Staubdeckel. Die Zeichnung zu diesem Patent zeigt exakt die Brückenform der Cymrex-Werke:
Wir können also davon ausgehen, dass die gezeigten Cymrex-Werke etwa im Zeitraum von 1919 bis 1926 gebaut wurden. Auf der Platine unter der Unruh ist jeweils eine Nummer punziert, bei der es sich möglicherweise um eine fortlaufende Seriennummer handelt. Die höchste Nummer, die ich bisher finden konnte, war die 144090. Die Anzahl der insgesamt von Cymrex produzierten Werke könnte also etwa bei 150.000 Stück liegen. Ich vermute, dass Werke des Typs 1 älter sind als die vom Typ 2, da Typ 2-Werke höhere Nummern tragen.