Werke amerikanischer Taschenuhren unterscheiden sich in vielen Details von ihren Schweizer Pendants. Hier schauen wir uns einige Grundlagen dazu an, ohne uns in den vielen Abweichungen von den Standards zu verlieren. Amerikanische Taschenuhren sind ein Thema, bei dem es sehr viel Interessantes zu entdecken gibt.
Inhalt
- Historie – ganz kurz
- Das Gehäuse
- Das Zifferblatt
- Werkverzierungen
- Hersteller und Seriennummern
- Durchmesser in Linien vs. Size
- Werkbezeichnungen
- Positiver und negativer Aufzug
- Double Roller vs. Single Roller
- Safety Pinion
- Going Barrel, Safety Barrel, Motor Barrel
- Railroad Watches
Historie – ganz kurz
Bereits 1839 begann die Pitkin Watch Company, einzelne Teile eines Werkes maschinell herzustellen, andere wurden importiert. Neben einer Steigerung der Produktionsmenge sollten damit die Teile auch so präzise hergestellt werden, dass diese ohne Anpassung direkt in das Werk eingesetzt und bei Bedarf auch ersetzt werden konnten. Dieser industrielle Ansatz führte zu einem beispiellosen Erfolg der amerikanischen Uhrenindustrie. 1859 begann die American Watch Company, aus der später die American Waltham Watch Company wurde, ganze Werke mit Hilfe effizienter maschineller Metallbearbeitungsmethoden herzustellen. Bis etwa 1875 folgte eine Reihe weiterer Hersteller wie Elgin, Adams & Perry (später Hamilton), E. Howard oder die Illinois Watch Company.
Schätzungen gehen davon aus, dass insgesamt etwa 150 Millionen amerikanische Taschenuhren guter bis hervorragender Qualität produziert wurden, davon fast 80 % alleine von den zwei großen Herstellern Elgin und Waltham. Mit guter Qualität sind hier Werke mit Steinankerhemmung und mindestens sieben Steinen gemeint. Hinzu kommen etwa 500 Millionen sogenannter Dollar-Watches, Uhren einfachster Bauart, meist mit Stiftankerhemmung und ohne Steine, von Herstellern wie Ingersoll oder Ingraham. Mit den Dollar-Watches werden wir uns hier nicht beschäftigen. Vielleicht ein anderes Mal…
Der Fokus amerikanischer Hersteller lag also auf der effizienten maschinell gestützten Massenproduktion guter Uhrwerke. Im Gegensatz zu den Schweizern beschäftigten sie sich eher selten oder gar nicht mit komplizierten Werken wie Vollkalendern, Chronographen, Repetitionen oder Tourbillons. Der Markt in Amerika war für die Hersteller auch ohne diese Komplikationen groß genug.
Das Gehäuse
Der Unterschied zwischen Schweizer und amerikanischen Taschenuhren fängt schon beim Gehäuse an. Bei den Schweizer Taschenuhren stammen Werk und Gehäuse entweder aus einer Hand oder ein Uhrenhersteller, Uhrmacher oder Juwelier kaufte Werke und Gehäuse getrennt ein und führte diese zusammen. Dem Kunden wurde zum Kauf stets eine komplette Uhr vorgelegt.
Bei den Amerikanern kamen Gehäuse und Werk häufig von getrennten Herstellern. Der Kunde suchte sich ein Werk mit Zifferblatt und getrennt davon ein passendes Gehäuse aus, der Verkäufer setzte diese dann zusammen. Die Gehäuse waren so genormt, dass Werke unterschiedlicher Hersteller, aber gleicher Größe, in dasselbe Gehäuse passten. Damit konnte der Kunde z. B. mit einem sehr guten Werk und einem günstigen Metallgehäuse starten und dieses später z. B. durch ein Vollgoldgehäuse ersetzen. Die Frage „wer war der Hersteller?“ der Uhr, stellt sich also bei amerikanischen Uhren so in vielen Fällen gar nicht!
Das folgende Bild zeigt die Beschriftung eines Gehäuses der Illinois Watch Case Co. ELGIN ist hier Teil des Markennamens und hat nichts mit der gleichnamigen Elgin National Watch Co. zu tun!
Ab Mitte der 1930er kamen aber auch bei den amerikanischen Uhren komplette Uhren vom Hersteller direkt in den Handel. Wobei die Werkhersteller entweder einen eigenen Gehäusebau hatten oder mit einem präferierten Hersteller zusammenarbeiteten.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Austauschbarkeit war die Aufzugswelle, auf die die Krone aufgeschraubt wird. Bei Schweizer Werken besteht diese aus einem Stück und ist spezifisch für das Uhrwerk. Sie muss stets auf eine für das Gehäuse passende Länge zugeschnitten werden, bevor die Krone aufgeschraubt wird. Bei amerikanischen Werken ist sie zweigeteilt. Ein Vierkant mit der Krone ist Teil des Gehäuses, das passende Innenvierkant ist Teil des Werkes. Das Werk passt also ohne Anpassungen direkt ins Gehäuse.
Es gibt zwei unterschiedliche Varianten von Gehäusen und den zugehörigen Werken. Open Face bezeichnet die Variante, bei der sich die Krone bei 12 Uhr befindet. Sie bildet eine gerade Linie mit der kleinen Sekunde bei 6 Uhr. Diese Variante hat normalerweise keinen Schutzdeckel für das Glas, ist also offen.
Die Hunter– oder Hunting-Variante (Hunter = Jäger) hat dagegen einen Klappdeckel zum Schutz des Glases. Entsprechend befindet sich die Krone bei 3 Uhr, also in einem 90 Grad-Winkel zur kleinen Sekunde bei 6 Uhr. Bei Schweizer Werken nennt man die zwei Varianten Lépine und Savonnette. Sowohl in der Schweiz als auch in Amerika gibt es Werke häufig in einer Open Face- und einer Hunter-Ausführung, bei denen die Bauteile etwas unterschiedlich angeordnet sind.
Das Zifferblatt
Bei Schweizer Taschenuhren können Zifferblatt und Zeiger vom Werkhersteller geliefert sein, vom Hersteller der Uhr aber auch aus anderer Quelle beschafft werden. Bei den amerikanischen Uhren kommen sie normalerweise zusammen mit dem Werk vom Werkhersteller. Auch wenn dieser sie natürlich auch von einem Dritthersteller beziehen konnte.
Zifferblätter Schweizer Taschenuhren haben normalerweise zwei Zifferblattfüßchen, die häufig mit sogenannten Zuckerhutschrauben befestigt sind. Diese befinden sich auf der Werkplatine.
Zifferblätter amerikanischer Taschenuhren haben meist drei Zifferblattfüßchen, die mit seitlichen Schrauben befestigt werden, wie bei modernen Armbanduhrwerken. Drei Zifferblattfüße scheinen durchaus vorteilhaft zu sein, da man bei Schweizer Uhren viel häufiger Abplatzungen auf dem Zifferblatt genau an den Stellen sieht, an denen sich auf der Rückseite die Zifferblattfüße befinden. Diese Abplatzungen entstehen durch harte Stöße, etwa bei einem Fall auf den Boden.
Werkdekoration
Werke amerikanischer Taschenuhren sind auffallend häufig sehr schön verziert und optisch ansprechend. Dies liegt wohl daran, dass der Kunde das Werk unabhängig vom Gehäuse gekauft hat. Da war die Optik sicher ein wichtiges Entscheidungskriterium!
Die Verzierungen auf Werkplatinen, -brücken und ggf. anderen Werkteilen werden Damaskeening oder Damascening genannt, vermutlich, weil sie entfernt an die Muster in Damaszener Stahl erinnern. Der Begriff beschreibt keine bestimmte Art eines Verzierungsmusters, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Varianten. In der Schweiz waren, wenn überhaupt, spezielle Muster, etwa Genfer Streifen oder Perlierungen, angesagt.
Auch andere Elemente, z. B. verschraubte Chatons oder eine Feinregulierung am Unruhkloben trugen natürlich zur optischen Aufwertung eines Werkes bei.
Hersteller & Seriennummern
Wenn der Hersteller eines Schweizer Werkes nicht netterweise seinen Namen oder ein Logo auf dem Werk hinterlassen hat, lassen sich diese Werke häufig nur mit entsprechender Literatur, etwa die Flume-Werksucher, identifizieren. Und manchmal leider auch gar nicht. In meinem Fundus befinden sich etwa 70 Werke, die ich bisher nicht identifizieren konnte. Und Seriennummer, über die sich mehr über das Werk und dessen Herstellungszeitraum erfahren lassen, gibt es bei den Schweizern eher selten, meist eher bei den hochwertigen Herstellern.
Amerikanische Werke haben meist den Namen des Herstellers und auch eine Seriennummer punziert. Damit lassen sich über entsprechende Unterlagen der Hersteller zahlreiche Informationen zum jeweiligen Werk finden. Unter anderem hier: Pocket Watch Serial Number Lookup & Info | Pocket Watch Database
Durchmesser in Linien vs. Size
Den Durchmesser von Uhrwerken in einer metrischen Einheit wie Millimeter zu messen, wäre ja zu einfach. Aus historischen Gründen verwenden Schweizer Hersteller bis heute die französische Linie als Maßeinheit. So hat ein Taschenuhrwerk mit einem typischen Durchmesser von 40,6 mm 18 Linien, auch 18´´´ geschrieben.
Die amerikanische Maßeinheit Size basiert dagegen auf dem nicht-metrischen Inch. Ein Werk mit dem Durchmesser 40,6 mm nennt man dann 13 size, wobei dies eine eher untypische Größe ist. Hier gibt es z. B. eine Liste der Size-Größen: Pocket Watch Sizes & Measurement Chart: 18s, 16s, 12s | Pocket Watch Database
Häufig sieht man auch die Abkürzung s für size, also z. B. 16s.
Werkbezeichnungen
Bis etwa 1900 benannten viele Schweizer Hersteller ihre Werke häufig einfach anhand ihres Durchmessers in Linien, andere hatten auch davor schon Kaliberbezeichnungen, die meist einfach aus dem Herstellernamen und einer Zahl bestanden. Eine Kalibernummer oder Kaliberbezeichnung aus Zahlen und Buchstaben ist auch heute noch gebräuchlich. Bei den meisten Herstellern wird für unterschiedliche Ausführungen eines Werkes bzgl. der Anzahl Steine, der Dekoration etc. dieselbe Kaliberbezeichnung verwendet. IWC 73 wäre also z. B. eine vollständige Kaliberbezeichnung.
In Amerika hat sich eine etwas andere Logik durchgesetzt. Zur eindeutigen Identifizierung eines Werkes gibt man neben dem Hersteller den Durchmesser in size an sowie das Model und den Grade. Model ist eine Bezeichnung für die grundsätzliche Bauform der Grundplatine, der Brücken und der restlichen Werkteile. Der Grade, eine Nummer oder auch ein Klartextname, beschreibt die unterschiedlichen Ausführungen eines Models bezüglich der Anzahl Steine, der Dekoration, der Justierung in diversen Lagen und ggf. weiterer Merkmale. Hampden 5/0 size Model 5 Grade Molly Stark und Illinois Watch Co. 6/0 size Model 2 Grade 903 sind z. B. vollständige Kaliberangaben.
Manche Hersteller vergeben jede Grade-Bezeichnung nur einmal, sodass diese alleine schon das Werk eindeutig identifiziert. Und häufig definiert das Model oder der Grade auch den Durchmesser. Es gibt also eine Regel und natürlich Ausnahmen davon.
Positiver und negativer Aufzug
Bis etwa 1900 wurde der bis dahin vorherrschende Schlüsselaufzug sowohl in Amerika als auch in der Schweiz sukzessive durch den Kronenaufzug, auch Remontoir genannt, abgelöst. Zunächst benötigte dieser noch einen zusätzlichen Hebel oder Drücker, mit dessen Hilfe zwischen Aufzug und Zeigerstellen beim Drehen der Krone umgestellt werden konnte.
Die Schweizer Hersteller bevorzugen hier meist einen kleinen Stift als Drücker seitlich am Gehäuserand, die Amerikaner dagegen einen Hebel unter dem Zifferblatt, zu dessen Bedienung manchmal das Glas entfernt werden musste.
Es folgte der Kronenaufzug, wie wir ihn heute kennen, der sich bis ca. 1915 weitgehend durchgesetzt hatte. Er erlaubt das Umschalten zwischen Aufzug und Zeigerstellen durch Ziehen der Krone. Die Realisierung dieses Umschaltmechanismus unterscheidet sich in vielen Fällen fundamental zwischen Schweizer und Amerikanern. Die Schweizer nutzen den positiven Aufzug, die Amerikaner lieber den negativen Aufzug.
Wo liegt also der Unterschied?
Schweizer Werke haben eine Aufzugswelle, die sowohl mit dem Werk als auch mit der Krone fest verbunden ist. Auf der Werkseite hält der Winkelhebel die Welle im Werk. Damit kann man im Werk einen Mechanismus konstruieren, der beim Ziehen der Krone dafür sorgt, dass der Winkelhebel in eine andere Position springt und so vom Aufzug auf das Zeigerstellen umschaltet. Eine Winkelhebelfeder sorgt dafür, dass der Winkelhebel in der gewünschten Position verbleibt.
Etwas präziser: bei gedrückter Krone sorgt die Position des Winkelhebels dafür, dass Kupplungstrieb und -rad im Eingriff sind und beim Drehen der Krone die Zugfeder aufgezogen wird. Bei gezogener Krone sind dagegen Kupplungstrieb und Zeigerstellrad im Eingriff und das Drehen der Krone dient dem Zeigerstellen. Im „Normalzustand“ des Werkes, also bei gedrückter Krone, befindet sich das Werk im Aufzugs-Modus.
Amerikanische Werke haben eine geteilte Aufzugswelle, wie oben beschrieben. Der eine Teil steckt als Vierkant, zusammen mit der Krone, im Gehäuse, der andere als Innenvierkant im Werk. Es gibt hier keine feste Verbindung zwischen Krone und Werk. Diese Werke haben also auch keinen Winkelhebel. Bei einem Werk im ausgebauten Zustand, also ohne Gehäuse, werden beim Drehen mit einem Vierkant im Innenvierkant die Zeiger gestellt. Drückt man den Vierkant ein Stück in Richtung Werkmitte geht das Werk in den Aufzug-Modus über. Im „Normalzustand“ des Werkes, also ohne Druck auf den Innenvierkant, befindet sich dieses im Zeigerstell-Modus, sodass man hier im Vergleich zum Schweizer Werk von einem negativen Aufzug spricht.
Die Krone ist nun aber bei amerikanischen meist so gestaltet, dass sie im eingedrückten Zustand in den Innenvierkant drückt, beim Drehen der Krone wird also die Uhr aufgezogen. Zieht man die Krone, werden entsprechen die Zeiger gestellt. Der Aufzugs-/Stellmechanismus ist also anders als bei Schweizer Uhren, die Position der Krone zum Aufziehen bzw. Stellen aber gleich!
Natürlich gibt es den positiven Aufzug auch bei amerikanischen Werken. Negative Aufzüge bei Schweizer Werken dagegen normalerweise nur dann, wenn diese für den amerikanischen Markt hergestellt wurden.
Double Roller vs. Single Roller
Auf amerikanischen Uhrwerken findet man häufig die Beschriftung Double Roller. Wenn es einen Double Roller gibt, gibt es vermutlich auch einen Single Roller. Was hat es damit auf sich?
Die Doppelscheibe, auch Plateau genannt, ist auf der Unterseite der Unruh befestigt und hat zwei Funktionen. Die größere Scheibe, die Hebelscheibe, trägt die Ellipse, auch Hebelstein genannt. Diese bekommt bei jeder Halbschwingung der Unruh über die Ankergabel einen Impuls, der der Unruh etwas Energie zuführt, um die Schwingung aufrecht zu erhalten. Die zweite, kleinere Scheibe, die Sicherheitsrolle, dient zur Führung des Sicherungsstifts, der sich zwischen der Ankergabel befindet. Sie verhindert, dass der Hebelstein beim Zurückschwingen der Unruh außen an der Ankergabel hängen bleibt, anstatt in die Angergabel geführt zu werden. In diesem Fall würde das Werk stehen bleiben und die Unruh müsste aus- und wieder eingebaut werden, um dies zu beheben.
Beim Single Roller sind beide Funktionen auf einer einzigen Scheibe integriert. Die zwei unterschiedlichen Durchmesser der Scheiben eines Double Rollers haben kleine technische Vorteile, sodass der Double Roller sich irgendwann durchsetzen konnte. Beide Varianten erfüllen aber ihre Aufgaben!
Safety Pinion
Eine weitere Beschriftung, die man relativ oft auf amerikanischen Taschenuhrwerken findet, ist das Safety Pinion. Sie bezeichnet eine spezielle Konstruktion des Minutenrades im Zentrum des Werkes und soll das Werk bei einem Bruch der Zugfeder vor Zerstörung des Räderwerkes durch die schlagartige freiwerdende Energie schützen.
Hierzu wird das Trieb des Minutenrades mit einem Gewinde auf die Achse des Rades aufgeschraubt. Bei einem Bruch der Zugfeder wird die freiwerdende Energie dazu genutzt, das Trieb loszuschrauben und so Schäden am Räderwerk zu vermeiden. Beim Wechsel der gebrochenen Feder kann das Trieb dann einfach wieder festgeschraubt werden.
Patentiert wurde diese Konstruktion bereits 1874 von Dietrich Gruen im amerikanischen Patent US157913. Gruen war Deutscher, wanderte in die USA aus und gründete u. a. die Firmen Columbus Watch Co. und D. Gruen & Son in den USA sowie die Grünsche Uhrenfabrikation Grün und Assmann in Glashütte.
Going Barrel, Safety Barrel, Motor Barrel
Auch die Bezeichnungen Safety Barrel und Motor Barrel sind immer wieder auf den Werken amerikanischer Taschenuhren zu finden. Zusammen mit dem Going Barrel bezeichnen sie drei verschiedene Bauformen des Federhauses.
Das Going Barrel ist die Standardvariante eines Federhauses, wie wir es von Schweizer Werken kennen. Über den Federhauskern in der Mitte des Federhauses wird die Feder aufgezogen. Beim Ablaufen des Werkes dreht sich dann nicht die Achse des Federhauskernes, sondern das ganze Federhaus, das wiederum mit seiner Verzahnung am äußeren Rand das Trieb des Minutenrades antreibt. Da sich die Achse des Federhauskerns nur beim Aufziehen dreht, ist es ziemlich sinnfrei, dessen Lager mit Steinen zu versehen. Bei einem Going Barrel macht die Kombination mit dem oben beschriebenen Safety Pinion Sinn.
Beim Safety Barrel ist die Verzahnung zum Trieb des Minutenrades nicht mit dem Federhaus verbunden, sondern mit dem Federhauskern. Beim Aufziehen dreht sich hier das Federhaus, beim Ablaufen dagegen der Federhauskern mit der Verzahnung. Dies hat gleich zwei Vorteile:
- Bei einem Bruch der Zugfeder entlädt sich die Energie über das Federhaus, ohne das Räderwerk zu beeinflussen. Ein Safety Pinion ist hier weder nötig noch sinnvoll.
- Da sich beim Ablaufen des Werkes der Federhauskern dreht, sind Steinlager an dieser Stelle sinnvoll einsetzbar. Neben dem technischen Nutzen lässt sich so die Anzahl der Steine auch werbewirksam um zwei erhöhen.
Das Motor Barrel ist funktional dem Going Barrel sehr ähnlich, ist aber so konstruiert, dass sich beim Ablaufen eine Achse in der Mitte des Federhauses mit diesem dreht und diese daher auch sinnvoll mit Steinen versehen werden kann.
Das folgende Bild zeigt links unten das Federhaus mit der daran fixierten Achse, die sich beim Ablaufen des Werkes in einem Steinlager drehen kann. Bei einem Going Barrel sitzt an dieser Stelle der drehbare Federhauskern mit seiner Achse, die sich beim Ablaufen nicht bewegt. Im oberen Teil des Bildes sieht man an der Unterseite der Federhausbrücke den recht großen Federhauskern des Motor Barrels, der sich beim Ablaufen nicht bewegt. Die Achse des Federhauses läuft hier also innerhalb des Federhauskernes.
Beim Bruch der Zugfeder tritt hier aber dasselbe Problem auf wie beim Going Barrel, sodass der Einsatz eines Safety Pinions sinnvoll sein kann. Da der Aufbau komplexer als beim Going Barrel ist, wurde das Motor Barrel meist nur in den hochwertigen Werken einiger Hersteller eingebaut, z. B. bei Illinois oder Hamilton.
Railroad Watches
Eisenbahner-Uhren und deren Werke sind ein besonders interessantes Themengebiet unter den amerikanischen Taschenuhren, da sie im Allgemeinen hochwertige Werke enthalten. Die Eisenbahn hatte einen sehr großen Einfluss auf die Entwicklung der amerikanischen Nation. Die Entfernungen waren groß und die Gleise häufig nur einspurig. Präzise Uhren waren für die Zugführer und andere beteiligte Personen eine essenzielle Voraussetzung, um Zusammenstöße auf der Strecke zu vermeiden.
Es gab viele verschiedene Eisenbahngesellschaften, die ihre eigenen Standards definierten und auch einige Anläufe, Standards übergreifend festzulegen. All diese Standards haben sich im Laufe der Zeit auch weiterentwickelt, sodass die Werkehersteller sich immer wieder anpassen mussten.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte ein Standard z. B. folgende Elemente umfassen:
- Open Face mit Aufzug bei 12 Uhr
- Arabische Zahlen, Minuteneinteilung, kleine Sekunde, große Zeiger
- Mindestens 17 funktionale Steine
- Nur 16 oder 18 size
- Maximale Abweichung von 30 Sekunden pro Woche
- Hebel zum Zeigerstellen (statt Stellen über Position der Krone)
- In fünf Lagen justiert
- Feinjustierung
- Breguet-Spirale
- Double Roller
- Ankerrad aus Stahl
Das Thema Railroad Watches zu vertiefen, würden den Umfang dieses Artikels sprengen. Wer anfängt, sich für amerikanische Taschenuhren zu interessieren, wird sich automatisch auch mit diesem Genre beschäftigen. Also viel Spaß dabei!
Sehr geehrte Herr Kelz,
da ich RR Uhren sammele, war der Artikel sehr hilfreich, vielen Dank.
Haben Sie eine Homepage ?
VG Dirk Wilhelmi
Vielen Dank!
Das hier ist meine Homepage: https://watch-movements.eu/