Auch heute geht es wieder um einen Schweizer Uhren- und Werkehersteller, der eine hundertjährige Geschichte aufweisen kann und dennoch fast unbekannt geblieben ist. Die Rede ist von Goschler & Cie aus Biel in der Schweiz.
Aus Werbeanzeigen wissen wir, dass die Firma Frères Goschler oder eine Vorgängerfirma davon bereits 1830 gegründet wurde.
Die ersten 50 Jahre der Firmengeschichte bleiben leider im Dunkeln, zumindest konnte ich keinerlei Informationen dazu finden. Der erste Hinweis findet sich 1883 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB):
Wir erfahren, dass die Firma zu dieser Zeit Frères Goschler hieß, schon länger existierte und Marc Goschler aus Auxonne in Frankreich deren Inhaber war. Die Firma wurde also vielleicht gar nicht in der Schweiz gegründet, sondern in Frankreich. Aus Anzeigen der 1930er ist zu entnehmen, dass sich die Firma seit 1857 in Biel befand. Und warum es nur einen Inhaber gab, obwohl der Firmenname Frères = Brüder enthält, bleibt ebenso offen.
Aus einem weiteren Eintrag im SHAB von 1885 ist zu erfahren, dass Marc Goschler verstorben ist. Seine Witwe, Carolina Goschler, sowie René Blum-Goschler, möglicherweise ein Schwiegersohn, haben die Firma dann unter dem Namen Goschler & Cie weitergeführt:
Der erste Hinweis, dass Goschler auch selbst Uhrwerke hergestellt hat, findet sich ebenfalls im SHAB, nämlich 1887 bei der Registrierung der folgenden Marke:
Hier steht, dass die Firma Uhrengehäuse (Boîtes) und Uhrwerke (Mouvements) herstellt.
Zwischen 1892 und 1897 erhielt Goschler auch eine Reihe von Patenten, u. a. das Schweizer Patent CH11256 mit dem Titel Quantième pour montres système Roskopf (Kalender für Roskopf-Uhren).
1897 gründet Goschler in La Heutte bei Biel eine Niederlassung in der Fabrik des verstorbenen Uhrenherstellers Berthold Amann, dessen Geschäfte Goschler bereits zwei Jahre zuvor übernommen hatte. 1903 wurde die Firma dann umbenannt in Urania Watch Co., Goschler & Cie. Die Marke Urania hatte er bereits 1895 von Amann übernommen.
Es gibt übrigens eine Reihe weiterer Uhrenhersteller, die den Markennamen Urania genutzt haben, z. B. die Deutsche Präzisionsuhrenfabrik Urania in München. Sie alle hatten nichts mit Goschler zu tun!
Ebenfalls 1903 hat Goschler im Schweizerischen Handelsamtsblatt 14 Uhrwerke als Modelle registriert. Die Modellnummern sind keine offiziellen Kaliberbezeichnungen, sondern dienten lediglich der Registrierung!
Ein paar dieser Uhrwerke kann ich hier auch im Original vorstellen:
Goschler/Urania Modell Nr. 2
Leider nur eine Ansicht der Brückenseite! Steinankerhemmung, 15 Steine, Kronenaufzug, kleine Sekunde. Punziert mit der Marke La Heutte.
Lépine-Werk. Das Werk gibt es als Modell Nr. 1 auch in einer Savonnette-Variante.
Goschler/Urania Modell Nr. 6
Steinankerhemmung mit Bimetall-Schraubenunruh, 19´´´ Linien Durchmesser, 15 Steine, Kronenaufzug mit Drücker, kleine Sekunde. Punziert mit der Marke URANIA.
Lépine-Werk. Das Werk gibt es als Modell Nr. 4 auch in einer Savonnette-Variante.
Goschler/Urania Modell Nr. 10
Zylinderhemmung, 18´´´ Linien Durchmesser, 8 Steine, Kronenaufzug mit Drücker, Gesperr auf der Zifferblattseite, kleine Sekunde. Punziert mit der Marke URANIA. Dieses Werk ist relativ häufig zu finden, auch mit der Marke FORTUNA, die ebenfalls zu Goschler gehört.
Goschler/Urania Modell Nr. 11
Zylinderhemmung, 18´´´ Linien Durchmesser, 6 Steine, Kronenaufzug mit Hebel, Gesperr auf der Zifferblattseite, kleine Sekunde. Punziert mit der Marke URANIA. Savonnette-Werk.
So viel zu den Uhrwerken von Goschler, fahren wir mit der Geschichte der Firma fort.
Wir befinden uns im Jahr 1916, also mitten im Ersten Weltkrieg. Die deutsche Zeitschrift Die Uhrmacherkunst berichtet, dass ab dem 1. April eine Reihe Schweizer Uhrenhersteller gesperrt sind, da sie als Munitionslieferanten gegnerischer Armeen identifiziert wurden. Ab diesem Datum durften deutsche Firmen keine Geschäftsbeziehungen zu den Herstellern auf der Sperrliste mehr unterhalten. Davon betroffen waren neben der Urania Watch von Goschler auch andere Firmen wie Tavannes Watch, Movado oder Zenith.
Dazu, wie es mit der Firma nach dem Ersten Weltkrieg weiterging, konnte ich leider nur wenig in Erfahrung bringen. 1930 verkündet das Schweizer Handelsamtsblatt (SHAB), dass die Firma nach dem Tod der Karolina Goschler liquidiert wurde. Die Liquidation wurde von René Blum-Goschler und Charles Bigard durchgeführt, die auch entsprechende Verkaufsanzeigen schalteten:
Erst viel später, nämlich 1938, verkündet das SHAB die endgültige Löschung der Firma aus dem Handelsregister:
Zum Schluss, der Vollständigkeit halber, noch eine Liste der zahlreichen Marken, die Goschler im Laufe der Zeit für sich reserviert hatte:
- Anutrof Regulator
- C&W
- Colon
- Delta
- Fortuna
- GCo
- Grenett
- Hardie VD
- Hora Fija
- Ilixum
- Interne
- La Celebre
- La Heutte Watch
- La Sociale
- Le Duc
- Palme
- Post Watch
- Progreso
- The Cape Central
- The Conqueror
- The Imperial
- The New Waterside
- The V.R.A. Lever
- The Waterside
- Urania
- Uranium
- UWCo
- W&C