1950 lancierte IWC die Automatikkaliber 81 (kleine Sekunde) und 85 (Zentralsekunde) mit einem neuartigen, von Albert Pellaton entwickelten Automatikaufzug. Ein von IWC hergestelltes Modell dieses Aufzugs im Maßstab 5:1 konnte ich neulich ergattern und stelle es euch hier vor, da es die Funktionsweise des Pellaton-Aufzugs besonders anschaulich vermittelt.
Albert Pellaton arbeitete nach seiner Uhrmacherausbildung zunächst bei Vacheron Constantin und konstruierte dort bereits Uhrwerke. 1944 kam er als technischer Direktor zu IWC und hatte diese Position bis zu seinem Tod 1966 inne. Nach seinem Start bei IWC fokussierte er sich auf die Entwicklung eines effizienten Automatik-Aufzugs, der beide Drehrichtungen des Rotors nutzen sollte.
1946 ließ sich IWC im Schweizer Patent CH254578 einen ersten Automatikaufzug patentieren. Dieses enthält bereits Ideen in Richtung des späteren Pellaton-Aufzuges, war aber als sogenannte Bumper-Automatik konzipiert, bei der der Rotor sich nicht um 360 Grad drehen kann. 1950 folgte schließlich das Schweizer Patent CH284841, das die Pellaton-Automatik beschreibt.
Der Name Albert Pellaton wird übrigens in den zwei Schweizer Patenten nicht erwähnt, vielmehr wird als Erfinder Ernest Homberger-Rauschenbach aufgeführt, der damalige Inhaber der IWC. Allerdings hieß er eigentlich Ernst, nicht Ernest.
1951 reicht die IWC für die Pellaton-Automatik auch das deutsche Patent DE882227 ein, in dem Pellaton explizit als Erfinder genannt wird.
Schauen wir uns also das Gangmodell etwas näher an!
Die Abmessungen des Kästchens betragen 13,7 x 8,6 x 4,4 cm, der Deckel lässt sich abnehmen.
Bevor wir uns die Funktionsweise ansehen, werfen wir zunächst einen Blick auf die einzelnen Teile und ihre Namen:
1 ist der Rotor, dessen Drehbewegung letztlich in ein Spannen der Zugfeder überführt werden soll. Hier aus Kunststoff, um einen Blick auf die Teile darunter zu erlauben, im echten Werk natürlich aus Metall.
2 ist eine Kurvenscheibe, die die Drehbewegungen des Rotors auf das nachfolgende Schaltklinkensystem überträgt. Da diese nicht rund ist, erzwingt sie eine Auf- und Ab-Bewegung des Schaltklinkensystems.
3 ist der Klinkenträger, dessen Enden auf Rubinrollen auf dem Umfang der Kurvenscheibe laufen.
4 und 5 sind die entscheidenden Teile der Pellaton-Automatik, die Schaltklinken.
6 ist ein schräg verzahntes Klinkenrad, das auf der Rückseite ein Trieb hat, welches die Energie an die Aufzugsräder des Werkes weitergibt. Beim Kaliber 85 greift es in das Kronrad, das wiederum über das Sperrrad die Zugfeder aufzieht. Auf dem folgenden Bild eines IWC 85 ist das Klinkenrad das goldfarbene Rad.
Anstatt nun langatmig die Funktionsweise des Pellaton-Aufzugs zu erklären, schauen wir uns das lieber im Video an:
Man sieht sehr schön, wie die zwei Schaltklinken bei beiden Drehrichtungen des Rotors dazu beitragen, das Klinkenrad immer in dieselbe Richtung zu drehen. Die Zugfeder kann ja nur in eine Drehrichtung gespannt werden!
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob jede kleine Bewegung des Rotors auch in eine Bewegung des Klinkenrades überführt wird. Im nächsten Video sieht man aber, dass es dazwischen auch kurze Momente gibt, in denen sich zwar die Schaltklinken bewegen, aber nicht das Klinkerad.
Die Pellaton-Automatik erlebte bei IWC im Jahr 2000 eine Wiedergeburt mit dem Kaliber 5000 in der Portugieser Automatic. Mittlerweile ist der Pellaton-Aufzug zum Markenzeichen der IWC-eigenen Kaliber geworden.
Ein ähnliches Aufzugskonzept hat Seiko 1959 mit dem Magic Lever entwickelt. Auch dieses benutzt zwei Klinken, die aber deutlich weniger komplex aufgebaut sind als der Pellaton-Aufzug.
Es gibt auch einen wesentlichen Unterschied zwischen den zwei Systemen: beim Pellaton-Aufzug ziehen beide Klinken am Klinkenrad, beim Magic Lever zieht die eine Klinke, die andere drückt das Klinkenrad. Beiden gemeinsam ist, dass jeweils eine der Klinken im Wechsel als Rücklaufsperre dient, um zu verhindern, dass sich das Klinkenrad in die falsche Richtung dreht.