Funktionsweise einer GMT-Anzeige Teil 2 – Technik

Welche Technik steckt eigentlich hinter der GMT-Anzeige einer Uhr? In Teil 1, den Grundlagen, haben wir drei Varianten einer GMT-Anzeige kennengelernt:

GMT_001. Pseudo-GMT
Eine 24 h-Anzeige, die über eine drehbare Lünette eine zweite Zeitzone anzeigen kann.

2. „Ich reise nicht“- oder „Anrufer“-GMT
Der normale und der 24 h-Zeiger sind getrennt einstellbar. Minute, Sekunde und Datum hängen am normalen Stundenzeiger. Beim Stellen des normalen Stundenzeigers bleibt das Uhrwerk stehen.

3. „Ich reise“- oder „echte“ GMT
Der normale und der 24 h-Stundenzeiger sind getrennt einstellbar. Minute und Sekunde hängen am 24 h-Zeiger, das Datum am normalen Stundenzeiger. Beim Stellen des normalen Stundenzeigers läuft das Uhrwerk weiter.

Für die Varianten 1 und 2 kann ich euch nun Beispiele zeigen, wie der Hersteller die GMT-Anzeige technisch umgesetzt hat. Für Variante 3 habe ich leider keine Uhr, die ich zerlegen könnte.

Wir starten mit Variante 1 und einer Nautec No Limit Deep Sea DS AT-GMT:

GMT_01

Das verbaute Automatik-Werk ist ein Sea-Gull ST1622:

GMT_02

GMT_03

Um zu sehen, wie die GMT-Anzeige realisiert wurde, müssen zunächst auf der Zifferblattseite einige Teile entfernt werden:

GMT_05

In der Mitte des Werkes ist der rote 24 h-Zeiger zu sehen. Er sitzt auf dem 24 h-Rad. Direkt darunter befindet sich das Stundenrad, auf dem der normale Stundenzeiger sitzt (hier im Bild mit H beschriftet):

GMT_05bDas ganze Geheimnis dieser 24 h-Anzeige steckt in diesem kleinen Wechselrad (W im Bild):GMT_06

Es übersetzt die Drehung des Stundenrades auf die des 24 h-Rades. Und zwar so, dass sich das normale Stundenrad zwei Mal im Kreis drehen muss, damit sich das 24 h-Rad einmal im Kreis dreht. Ganz nebenbei sorgt dieses kleine Wechselrad auch noch für die Datum-Weiterschaltung (D im Bild oben), da auch diese immer nach 24 Stunden passiert. Fertig ist die 24 h-Anzeige!

Das Wechselrad verbindet das Stundenrad und das 24 h-Rad so, dass sich die zwei Zeiger nicht unabhängig voneinander verstellen lassen. Dreht sich das eine, dreht sich das andere automatisch mit. Dies erklärt, warum ein solches Werk immer eine drehbare Lünette an der Uhr benötigt, um überhaupt eine beliebige Zeitzone anzeigen zu können.

Okay, das war einfach! Dann sehen wir uns Variante 2 einer GMT-Anzeige am Beispiel einer Orient Classic Automatic Power Reserve GMT an:

GMT_Orient_01

Hier arbeitet als Automatik-Uhrwerk ein hauseigenes Orient 40P51, das eine interessante dezentrale Datumscheibe und auch eine Gangreserveanzeige aufweist:

GMT_Orient_02

GMT_Orient_03

Auch hier müssen zifferblattseitig wieder Teile entfernt werden, um die für die GMT-Anzeige relevante Teile zu finden:
GMT_Orient_04 GMT_Orient_05 GMT_Orient_06

Ab hier wird es interessant! In der Mitte des Werkes sehen wir das 24 h-Rad, das den 24 h-Zeiger trägt (blauer Ring im nächsten Bild). Darunter befinden sich das Stundenrad für den normalen Stundenzeiger (grüner Ring). Unter dem Stundenrad sitzt dann das Minutenrohr (roter Ring) für den Minutenzeiger und ganz im Zentrum der Zapfen des Sekundenrades.

GMT_Orient_06b

So sieht es aus, wenn wir das 24 h-Rad abnehmen:

GMT_Orient_07b

Das W kennzeichnet das Wechselrad, das die Bewegung des Minutenrohres (ein Mal im Kreis in 60 Minuten) in die des Stundenrades (ein Mal im Kreis in 12 Stunden) übersetzt. Das Wechselrad hat über dem Trieb für den Eingriff des Stundenrades ein weiteres Trieb (im Bild leider kaum zu sehen), das mit einer anderen Übersetzung das 24 h-Rad antreibt und dafür sorgt, dass sich dieses ein Mal in 24 Stunden im Kreis dreht.

Nur am Rande: das weiter oben sichtbare blaue Kunststoffrad dient der Datumschaltung und wird vom Stundenrad angetrieben.

Alles im Prinzip dieselbe Logik wie bei der oben beschriebenen Variante 1!
Solange der 24 h-Zeiger nicht manuell verstellt wird, laufen die normale Stundenanzeige und die 24 h-Anzeige immer synchron im zuletzt eingestellten Abstand zueinander.

Wie sieht also der Mechanismus aus, der dafür sorgt, dass sich der 24 h-Zeiger in Einheiten von jeweils einer Stunde gegen den normalen Stundenzeiger verstellen lässt?

In der mittleren Kronenposition wird die auf der Zifferblattseite sichtbare Räderkette bewegt:

GMT_Orient_04a

Das dritte Rad von rechts kann in seinem länglichen Lager hin und her rutschen. Beim Drehen der Krone im Uhrzeigersinn rutscht es gegen den Datumring und verstellt diesen (rote Linie). Beim Drehen gegen den Uhrzeigersinn bewegt es über ein weiteres Zwischenrad das 24 h-Rad (grüne Linie):

GMT_Orient_04b

Das 24 h-Rad besteht aus zwei Teilen, die gegeneinander beweglich und ineinander gezackt verzahnt sind. Diese Verzahnung sorgt dafür, dass der Teil, der den 24 h-Zeiger trägt, nur in Stundenschritten verstellt werden kann:

GMT_Orient_08a GMT_Orient_08b

Dieser Mechanismus der Variante 2 der GMT-Anzeigen ist zwar ein wenig komplexer als der bei Variante 1, aber auch nicht wirklich kompliziert.

So, hiermit endet der zweiteilige Artikel zur Funktionsweise einer GMT-Anzeige. Vielleicht kann ich irgendwann in Zukunft auch technische Einblicke in die Variante 3, die „echte“ GMT-Anzeige, nachliefern.

6 Gedanken zu „Funktionsweise einer GMT-Anzeige Teil 2 – Technik“

  1. Wenn ich eine „echte GMT“ habe kann ich die auch als „Pseudo GMT“ nutzen um eine Zeitzone mit 30 min oder 15 min anzuzeigen oder verstehe ich es falsch?

  2. Interessant und vor allem leicht verständlich erklärt, vielen Dank Andreas! Sicherlich kommt bald der dritte Teil mit einer GMT-Master II :-).

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