Im ersten Teil dieses Artikel über die Pforzheimer Firma Kasper & Co. ging es um deren Geschichte: Kasper: Uhren und Uhrwerke – Teil 1
In diesem zweiten Teil schauen wir uns die Uhrwerke der Firma an.
Die Entwicklung und Vermarktung von Uhrwerken der Firma Kasper & Co. begann 1932 in Pforzheim. Damit war die Firma wohl der erste Rohwerkehersteller in der größten deutschen Schmuck und Uhrenstadt.
Kasper fing, wie viele Hersteller, mit Werken mit Zylinderhemmung an (Kaliber 100 bis 400). Später folgten dann solche mit Schweizer Steinankerhemmung, sowohl mit Handaufzug als auch mit Automatik (Kaliber 500 bis 14xx) . Und auch ein einziges Stiftankerwerk hat Kasper hergestellt, das Kaliber 1300.
Etwa 1980 dürfte die Produktion eigener Uhrwerke dann eingestellt worden soll.
Übersicht der Kasper-Werke
Kaliber | Größe | Hemmung | Aufzug |
---|---|---|---|
100 | 8 3/4´´´ | Zylinder | Handaufzug |
200 alt | 5 3/4 x 8 3/4´´´ | Zylinder | Handaufzug |
200 neu | 5 3/4 x 8 3/4´´´ | Zylinder | Handaufzug |
300 | 10 1/2´´´ | Zylinder | Handaufzug |
350 | 10 1/2´´´ | Zylinder | Handaufzug |
400 | 5 1/4 x 8 3/4´´´ | Zylinder | Handaufzug |
500 | 8 3/4´´´ | Steinanker | Handaufzug |
600 alt | 5 3/4 x 8 3/4´´´ | Steinanker | Handaufzug |
600 neu | 5 3/4 x 8 3/4´´´ | Steinanker | Handaufzug |
700 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
750 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
800 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
900 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
900 CLD | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
901 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
950 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
951 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
952 | 13´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1000 alt | 13´´´ | Steinanker | Automatik |
1000 neu | 13´´´ | Steinanker | Automatik |
1050 | 13´´´ | Steinanker | Automatik |
1100 | 5 3/4 x 6 3/4´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1110 | 5 3/4 x 6 3/4´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1120 | 5 3/4 x 6 3/4´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1200 | 5 3/4 x 8 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1300 | 5 3/4 x 8 3/4´´´? | Stiftanker | Handaufzug |
1400 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1401 | 10 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1410 | 11 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1411 | 11 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1412 | 11 1/2´´´ | Steinanker | Handaufzug |
1450 | 11 1/2´´´ | Steinanker | Automatik |
1451 | 11 1/2´´´ | Steinanker | Automatik |
1452 | 11 1/2´´´ | Steinanker | Automatik |
1455 | 13 1/4´´´ | Steinanker | Automatik |
1464 | 13 1/2´´´ | Steinanker | Automatik |
1500 | 11 1/2´´´ | Steinanker | Automatik |
Werke mit Zylinderhemmung
Kasper 100
Die Quellen sind sich leider nicht einig, ob das Kasper 100 oder das Kasper 200 das ab 1932 erste gebaute Uhrwerke mit Zylinderhemmung war. Sie dürften zeitlich zumindest nicht weit auseinanderliegen. Die älteste Referenz, die ich zu diesem Werk finden konnte, stammt aus einem Jacob-Katalog von 1938. Es ist aufgrund seines Durchmesser von 8 3/4´´´ hauptsächlich für Damenuhren geeignet.
Es hat keine Sekundenanzeige, besitzt 6 Steine, einen Wippenaufzug, hat das Gesperr auf der Zifferblattseite und die Unruh schwingt mit klassischen 18.000 A/h (Halbschwingungen pro Stunde).
Kasper 200
Ein 5 3/4 x 8 3/4´´´-Formwerk mit Zylinderhemmung. Auch dieses Werk war für Damenuhren konzipiert. Erst später bekam es die Kaliberbezeichnung Kasper 200.
Kasper gab die Werkgröße mit 5 1/4´´´ statt 5 3/4´´´ an. Viele Hersteller waren damals bemüht, Werke wahlweise als etwas größer oder kleiner auszugeben, als sie tatsächlich waren. Man darf solche Größenangaben also nur als grobe Indikation verstehen.
Wie viele andere kleine Werke hat es keine Sekunde, besitzt 10 Steine, einen Wippenaufzug, hat das Gesperr auf der Zifferblattseite und die Unruh schwingt mit 18.000 A/h. Im Laufe der Zeit wurde durch Durchmesser der Unruh von 7,0 auf 7,4 mm vergrößert, daher ist das Uhrwerk in einigen Werksuchern in den Varianten 200 alt und 200 neu aufgeführt.
Wie auf der Anzeige weiter oben zu sehen ist, wurde das Kasper 200 auch 1950 noch verkauft, zu einem Zeitpunkt, zu dem Zylinderwerke schon lange von der Schweizer Ankerhemmung abgelöst wurden. Aber es war günstig herzustellen und jeder Uhrmacher konnten damit umgehen. Auch 1952 wurde dieses Werk von Kasper noch beworben, sodass es wohl über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren gebaut wurde!
Kasper 300, 350
Das dritte Zylinderwerk von Kasper, das mit einem Durchmesser von 10 1/2´´´ für Herrenuhr prädestiniert war. Im Gegensatz zu den zwei Damenuhrwerken hat es eine kleine Sekunde (Kaliber 300) bzw. eine indirekte Zentralsekunde (Kaliber 350). Den ältesten Hinweis auf das Kasper 300 konnte ich im Jacob-Katalog von 1942 finden, möglicherweise gab es das Werk aber auch schon ein paar Jahre früher. Das Kasper 350 ist vermutlich erst einige Jahre danach entstanden.
Kasper 400
Das Kasper 400 mit 5 1/4 x 8 3/4´´´ ist im Flume K1-Katalog im Teil von 1957 verzeichnet. Ein echtes Exemplar davon habe ich leider noch nicht zu Gesicht bekommen. Auch dieses Werk hat vermutlich eher 5 3/4´´´ als 5 1/4´´´.
Werke mit Schweizer Ankerhemmung
Kasper 500
Das Kasper 500 mit 8 3/4´´´, 15 bzw. 17 Steinen, kleiner Sekunde, monometallischer Schraubenunruh, 18.000 A/h und einer Monorex-St0ßsicherung sieht schon recht modern aus. Wie die Werke mit Zylinderhemmung hat es einen Wippenaufzug und das Gesperr auf der Zifferblattseite. Den ältesten Hinweis, den ich auf das Werk finden konnte, stammt aus einer Werbung in DIE UHR 17/1952. Dort wird es noch als Kaliber 8 3/4´´´ bezeichnet, die Kalibernummer 500 wurde ihm also wohl erst später zugeteilt.
Kasper 600
Ein Formwerk mit 5 3/4 x 8 3/4´´´, 15 bzw. 17 Steinen, ohne Sekunde, monometallischer Schraubenunruh, 18.000 A/h, Wippenaufzug und Gesperr auf der Zifferblattseite. Wahlweise ohne oder mit Monorex-Stoßsicherung.
Auch dieses Werk ist in der oben erwähnten Anzeige in DIE UHR 17/1952 abgebildet. Das Werk gibt es in zwei unterschiedlichen Platinendicken, eine ältere Variante mit 2,0 mm und eine neuere mit 2,3 mm.
Wie beim Kasper 200 hat der Hersteller die Werkgröße mit 5 1/4´´´ statt 5 3/4´´´ angegeben.
Kasper 700
Das erste Ankerwerk mit 10 1/2´´´ für Herrenuhren und das erste Werk mit direkter Zentralsekunde. Es hat eine monometallische Schraubenunruh, die mit 18.000 A/h schwingt. In DIE UHR 14/1953 wird über diese Neuerscheinung berichtet. Es hat, wie alle bisher gezeigten Werke, einen Wippenaufzug.
Das Besondere ist, dass dieses Werk sowohl mit sichtbaren Aufzugsrädern auf der Brückenseite als auch mit verdecktem Gesperr, d. h. mit der Sperrklinke auf der Zifferblattseite, geliefert werden konnte. Erstere Variante hatte den Vorteil, dass die Zugfeder ohne Entfernen des Zifferblattes abgespannt werden konnte. Ein Novum bei den Kasper-Werken!
Kasper 750, 800
Beide Werke mit 10 1/2´´´, direkter Zentralsekunde, 17 bzw. 21 Steinen, monometallischer Schraubenunruh und Monorex-Stoßsicherung sind Weiterentwicklungen des Kasper 700. Sie besitzen einen modifizierten Wippenaufzug, den Kasper als Bascule-Spezial-Aufzug bzw. EXACTAVUE bezeichnet hat. Der Aufzug wurde im Uhrenjournal 3/1954 ausführlich vorgestellt.
Das Kasper 750 hat das Gesperr auf der Zifferblattseite, das Kasper 800 hat sichtbare Aufzugsräder auf der Brückenseite.
Kasper 900, 901, 950, 951, 952
Mit der Kaliberfamilie 900 wechselte Kasper vom Wippen- zum Kupplungsaufzug. Die Werke haben eine Handaufzug, einen Durchmesser von 10 1/2´´´ (Ausnahme 952: 13´´´), 17 bzw. 21 Steine und eine direkte Zentralsekunde. Die monometallische Schraubenunruh oder Nickel-Unruh schwingt mit 18.000 A/h und hat eine Monorex-Stoßsicherung. Die älteste Referenz zum Kaliber 900 konnte ich in einem Kasper-Katalog von etwa 1955 finden. Und die Kaliber 901, 951 und 952 im Flume K2-Katalog von 1962. Im Flume K3 taucht dann auch das Kasper 950 auf.
Werkfamilie:
- 900: 10 1/2´´´
- 900 CLD: 10 1/2´´´, Datum
- 901: 10 1/2´´´, geänderte Basisplatine
- 950: 10 1/2´´´, Datum
- 951: 10 1/2´´´, Datum
- 952: 13´´´, Datum
Die Werke der 900er-Familie sind eher selten anzutreffen. Vermutlich wurden sie recht bald durch die Kaliberfamilie 1400 ersetzt.
Kasper 1000, 1050
Die erste Generation von Automatikwerken von Kasper. Sie haben einen Durchmesser von 13´´´, eine Zentralsekunde, 25 Steine und einen beidseitig aufziehenden Rotor. Basiswerk ist das Kasper 900 mit einer vergrößerten Basisplatine.
Den ältesten Hinweis auf das Kasper 1000 konnte ich in DIE UHR 22/1956 finden.
Es gibt eine alte und eine neue Variante des Werkes. Bei der alten dient der Träger des Rotors gleichzeitig als Stoßdämpfer für die Schwungmasse. Dies entfällt bei der neuen Variante, die außerdem auch an einem breiten Schlitz im Rotor erkennbar ist.
Das Kasper 1050 hat zusätzlich ein Datum:
Kasper 1100, 1110, 1120
Das mit 5 3/4 x 6 3/4´´´ kleinste von Kasper produzierte Werk für Damenuhren und das erste mit Kupplungs– statt Wippenaufzug.
Auch hier hat der Hersteller die Größe mit nur 5 1/4´´´ angegeben.
Das Werk gab es mindestens seit 1956 als Kaliber 1100 mit 17 und 21 Steinen Steinen, 18.000 A/h, ohne Sekunde und sowohl mit als auch ohne Stoßsicherung. Es ist in DIE UHR 22/1956 aufgeführt. Etwa 1968 folgte das Kaliber 1110 mit einer höheren Schlagzahl von 21.600 A/h. Es ist in der Neuen Uhrmacher-Zeitung 05/1968 verzeichnet.
Und etwa ab 1969 das Kasper 1120 mit 17 Steinen, 21.600 A/h, einer indirekten Zentralsekunde, einer Höhe von 4,25 mm und verschiedenen Varianten von Stoßsicherungen. Nach eigenen Angaben von Kasper das damals kleinste Uhrwerk der Welt mit Zentralsekunde! Der älteste mir bekannte Hinweis auf dieses Werk stammt aus der Neuen Uhrmacher-Zeitung 14/1969.
Werkfamilie:
- 1100: Handaufzug, 18.000 A/h, ohne Sekunde
- 1110: Handaufzug, 21.600 A/h, ohne Sekunde
- 1120: Handaufzug, 21.600 A/h, indirekte Zentralsekunde
Kasper 1200
Ein weiteres kleines Formwerk mit 5 3/4 x 8 1/2´´´, 18.000 A/h, ohne Sekunde, monometallischer Schraubenunruh, wahlweise mit 15, 17 oder 21 Steinen sowie mit oder ohne Stoßsicherung. Bei diesem Werk hat Kasper selbst die Größe mit 5 1/4´´´ angegeben. In DIE UHR 14/1957 ist das Werk abgebildet.
Das Werk war anscheinend kein großer Erfolg. Zumindest wurde es in den Folgejahren von Kasper kaum beworben und ist nur sehr selten in Uhren zu finden. Die Kaliber der Familie 1100 hatten hier wohl deutlich die Nase vorne.
Kasper 1400, 1401, 1410, 1411, 1412
Eine neue Generation von Werken mit Handaufzug und direkter Zentralsekunde, die vermutlich die 900er-Familie abgelöst hat. Alle Werke der Familie haben eine Nickelunruh ohne Schrauben, ticken mit 18.000 A/h und besitzen eine Incabloc-Stoßsicherung.
Die älteste Erwähnung der Kaliber 1400 und 1401, die ich finden konnte, stammt aus der Neuen Uhrmacher-Zeitung 12/1962.
Werkfamilie:
- 1400: 10 1/2´´´, Handaufzug
- 1401: 10 1/2´´´, Handaufzug, Datum
- 1410: 11 1/2´´´, Handaufzug
- 1411: 11 1/2´´´, Handaufzug, Datum
- 1412: 11 1/2´´´, Handaufzug, Datum, Tag
Bei den Werken mit Datum lässt sich dieses halbschnell verstellen, in dem man nach dem Datumwechsel die Zeiger auf ca. 21 Uhr zurück- und dann wieder auf 24 Uhr vordreht. Diese Datumschaltung hat sich Kasper bereits 1958 als deutsches Gebrauchsmuster DE1765745U eintragen lassen.
Kasper 1450, 1451, 1452, 1455, 1464
Dies ist nach den Kasper 1000-Kalibern die zweite Generation von Automatikwerken des Herstellers. Sie basieren auf dem Kasper 1400, das um ein aufgesetztes Automatikmodul ergänzt wurde. Die Automatik zieht beidseitig auf. Die Werke haben eine direkte Zentralsekunde, ticken mit 18.000 A/h und besitzen eine Incabloc-Stoßsicherung, 25 Steine sowie eine Gangreserve von etwa 40 Stunden.
Der älteste mir bekannte Hinweis auf die Kaliber 1450, 1451 und 1452 stammt aus DIE UHR 18/1964.
Die Verriegelung des Rotors hat sich Kasper 1965 als deutsches Gebrauchsmuster DE1913285U unter dem Titel Halterung für Schwingmassen eintragen lassen.
Werkfamilie:
- 1450: 11 1/2´´´, Automatic
- 1451: 11 1/2´´´, Automatic, Datum
- 1452: 11 1/2´´´, Automatic, Datum, Tag
- 1455: 13 1/4´´´, Automatic, Digitalanzeige Zentralsekunde, Minute, springende Stunde
- 1464: 13 1/2´´´, Automatic, Datum, Tag
Bei den Werken mit Datum lässt sich dieses halbschnell verstellen, wie oben bei den Handaufzug-Werken 14xx beschrieben.
Kasper 1500
Ein ominösen Uhrwerk, das in keinem mir bekannten Werksucher verzeichnet ist. Es taucht 1972 und 1974 in Vereinbarungen zwischen der Schweiz und den Europäischen Gemeinschaften, in der die Gleichwertigkeit bestimmter Uhrwerke aus den Europäischen Gemeinschaften mit Schweizer Werken bestätigt wird. Dies ebnete den Weg dafür, unter bestimmten Bedingungen, „Swiss Made“-Uhren mit Nicht-Schweizer-Komponenten herzustellen!
Zum Kasper 1500 steht in diesen Unterlagen, dass es sich um ein 11 1/2´´´ Automatikwerk mit Ankerhemmung, Mittelsekunde, Datum und Tag handelt. Ob es je gebaut wurde, weiß ich leider nicht.
Werke mit Stiftankerhemmung
Kasper 1300
Das einzige von Kasper gebaute Stiftankerwerk hat vermutlich 5 3/4 x 8 3/4´´´. Es ist im Flume K2-Katalog von 1962 verzeichnet, aber erst im K3 von 1972 abgebildet. Ein echtes Exemplar habe ich davon bisher nicht finden können, lediglich einzelne Ersatzteile für das Werk. Es besitzt eine Nickelunruh ohne Schrauben und einen Wippenaufzug.